Übersetzung aus dem englischen: Jan Maier
"Wenn wir die Situation nicht mehr ändern können, sind wir gefordert uns selber zu verändern." - Viktor E. Frankl
Der Titel dieses Artikels hat Sie eventuell zum Schmunzeln gebracht. Bei näherer Betrachtung wird einem aber bewusst, welch großes Problem "Rumzicken" für Trainer und Athleten darstellen kann. Vor einiger Zeit schrieb ich einen Artikel mit dem Titel "10 Schritte, um die individuelle Spielermotivation zu verbessern". Dieser handelt davon, Spielern bei der Erkenntnis zu helfen, dass nur sie selber die Kontrolle über ihr Leben haben. Heute möchte ich zeigen, weshalb "Rumzicken" das wohl größte Hindernis für die sportliche Leistungssteigerung und den persönlichen Erfolg darstellt. Persönliche Verantwortung für die jeweils eigene Situation und auch die Reaktion darauf zu übernehmen kann dramatische Veränderungen bewirken. Lassen Sie uns mit einer fünf Punkte Übersicht der Anatomie und Psychologie des Rumzickens beginnen - Mit wem wir rumzicken, warum wir rumzicken und über was wir rumzicken.
- Freunde, die gemeinsam rumzicken
Freunde zicken meist über ähnliche Dinge. Im Sport wären das die eigenen Mannschaftsmitglieder, ihre Trainer, die Gegner, To-Do Listen und Erwartungen der Trainer. Häufig hört man dann Dinge wie: "Ich kann nicht glauben, was wir hier tun müssen." Trainer auf der anderen Seite zicken häufig über Spieler, Offizielle, Vereinsvorsitzende oder Schiedsrichter. Sie verstehen sicher was ich meine. Beim genaueren Hinsehen versteht man, dass wir uns häufiger mit Leuten emotional verbunden fühlen, welche die gleiche Sichtweise haben. - Andere dazu bringen gemeinsam rumzuzicken
Wenn Spieler erfolgreich durch Erzeugung von Mitgefühl andere zum Mitzicken bewegen, fühlen sie sich schnell in ihrer Unzufriedenheit bestätigt und in der Kritik gerechtfertigt. Sich beschweren scheint immer eine Person leicht von ihrer Verstimmtheit und Verantwortung zu entbinden. Teilen der eigenen Unzufriedenheit und Erlangung der Zustimmung in der gleichen soziologischen Gruppe hilft sich bestätigt zu fühlen. Ein typische Reaktion ist: "Wusste ich's doch, dass ich nicht der einzige bin, der das schrecklich findet!" Dasselbe gibt es auf der Trainerseite. Hatten Sie je ein Gespräch unter Trainern und gesagt: "Hab' ich mir schon gedacht, dass ich nicht der einzige Trainer bin, der Probleme mit dem Spieler hat"? Mit solchem Verhalten, versuchen Trainer sich ebenso von ihrer Verantwortung zu entbinden, Probleme mit einem Spieler konstruktiv zu lösen. Die gesamte Schuld jedoch dem Spieler zuzuschieben bringt in den wenigstens Fälle irgendeinen Fortschritt. - "Rumzicken" ist die beste Verteidigung
Angriff ist die beste Verteidigung. Rumzicken sagt gleichzeit aus: "Es ist nicht mein Fehler oder Schuld. Es ist der Fehler der Trainer, der Schiedsrichter oder meiner Teamkollegen" Mit Rumzicken drückt man sich auch gern vor Dingen, die eigentlich getan werden müssten, aber etwas einen zurückhält. - Rumzicken nimmt einem die Fähigkeit etwas zu vollbringen
Selten verstehen Sportler und Trainer, wie sehr der Akt des Rumzickens ihre persönliche Fähigkeiten hemmt. Ein Aspekt in meinem Artikel über persönliche Motivation war die Wichtigkeit persönliche Verantwortung zu akzeptieren. Es ist ein kritischer Punkt in persönlichem Wachstum und Weiterentwicklung. Wir müssen den Willen haben Misserfolge als einen Teil des Wachstumsprozesses zu akzeptieren. Stellen Sie sich ein Baby vor, welches gerade Laufen lernt. Ständig fällt es hin. Reagiert es mit Fluchen, auf den Boden Trommeln und Aufgeben? Nein, es schüttelt es ab, steht auf und versucht es einfach immer wieder. Es fällt kein Urteil, was für ein wertloses Wesen es sei oder, dass Laufen ja eh viel zu schwer sei. Rumzicken ist gelerntes Verhalten und Abwehrmechanismus, welches den angeborenen Lernprozess blockiert. - Rumzicken liefert eine großartige Ausrede.
Rumzicken bietet Menschen nicht nur emotionale Deckung, um sich nicht mit eigenem Versagen auseinander zu setzen. Es liefert auch Ablenkung in Form von Ausreden. Menschen werden wütend oder frustriert und verweigern jede Form von Problemlösung und Selbstbeobachtung. Dies ist meist dann sehr viel schwieriger. Ich erkläre Spielern in dem Fall, dass jeder Hürden hat, die es zu überwinden gilt. Ob emotional, mental oder physisch. Personen, die in ihrem Bereich ein außergewöhnliches Niveau erreichen, z.B. Große Sportler, erfolgreiche Schriftsteller oder Top-Geschäftsmänner, haben stets einen sehr starken Willen persönliche Hürden anzugehen. Sie sind motiviert und besessen davon, ihre Hindernisse erfolgreich aus dem Weg zu räumen. Sie wählen bewusst die Rolle des Machers und nicht die eines Opfers. Und entscheiden sich dafür persönliche Verantwortung für ihre Situation zu übernehmen.
Die Lösung:
Dies ist meine goldene Trainerregel: Bewusstsein führt zur Veränderung. Solange Spieler nicht ein Bewusstsein für unproduktives Verhalten entwickeln, gibt es wenig Hoffnung auf Verhaltensänderung. Rumzicken und Verweigerung verhindert Veränderung. Hier ist mein Vorschlag dieses Verhalten aus dem Teamumfeld zu eliminieren. Trainer sollten ebenfalls mitmachen. Ihre Teilnahme wird sie dem Team menschlicher erscheinen lassen:
- Gib jedem Spieler die Aufgabe ganz individuell ihr eigene Rumzick-Tendenzen aufzuzeichnen. Mit wem? Über wen? Wann? Wo? Was bringt Dir Rumzicken? Macht es Dir Spaß hier zu spielen? Willst Du weiter hier spielen? Was gibt es Dir hier zu spielen und ein Teil des Teams zu sein? Erinnern Sie die Spieler daran, dass sie selber verantwortlich für ihr Leben sind.
- Hilft oder hemmt diese Rumzicken Deinen Forschritt als Sportler und dabei ein wertvolles Mitglied dieses Teams zu werden? Nenne einige Beispiele.
- Bitte ein oder zwei gute Freunde - die Dich gut kennen und ehrlich zu Dir sind - zu überprüfen, ob Deine persönlichen Reflexionen im Einklang mit ihrem Blickwinkel stehen.
- Teile in einer Mannschaftsbesprechung Deine persönlichen Beobachtungen über Dich selber mit den anderen. VORSICHT FÜR TRAINER... Nicht zu sehr ins Detail gehen. Es kann eine lustige und produktive Erfahrung werden, wenn es nicht zu ernst wird. Trainer sollten ebenfalls einige persönliche Reflexionen teilen. Zum Beispiel habe ich einmal erzählt wie irritiert ich war, als sie Probleme mit einer Übung hatten und ich hinterher wild über sie her zog. Dann erzählte ich, wie mir letztendlich klar wurde, dass nicht ihre Leistung in der Übung mich wütend gemacht hat, sondern die miserable von mir entworfene Übung. Dieses Eingeständnis hat sie derart beeindruckt, es war wie ein Türöffner zu mehr Vertrauen und Offenheit mir gegenüber. Es ist gut das Team wissen zu lassen, dass es normal ist über den Coach zu zicken.
- Gib ihnen eine paar Minuten, um herauszufinden was Herumzicken ihnen wirklich bringt. Lassen Sie das Team aufführen wann, wo und mit wem das normalerweise passiert. Fragen Sie sie, ob das ihnen dabei hilft ein besserer Sportler zu werden. Ist dies nicht der Fall, was werden sie dagegen tun? Ein Spieler meldete sich dabei freiwillig Schilder mit "Zickenfreie Zone" für die Spielerschränke anzufertigen.
- Beenden Sie die Besprechung dann mit einer Gruppenaufgabe: Was kann ein jeder für sich selber und gegenseitig tun, um das unproduktive Verhalten des Rumzickens zu reduzieren?
Stephanie Schleuder trainierte US-College Volleyballteams in Alabama, Minnesota und Macalester. Im Jahre 2009 beendete sie mit 702 Karrieresiegen ihre Karriere und wurde im Dezember 2015 in die Volleyball Hall of Fame aufgenommen.